Heute früh war das Wetter freundlich, und so machte ich mich auf den Weg zum Bahnhof Tokyo, um nach Nikko zu fahren.
Nikko liegt in den Bergen nördlich von Tokyo und wird oft als alte Tempelstadt bezeichnet. Berühmt ist es für den Nikko Toshogu-Schrein und den Nikko Futarasan-Jinja-Schrein, die beide zum Unesco Weltkulturerbe zählen. Beides sind Shinto-Schreine. Ebenfalls zum Weltkulturerbe gehört der Nikkozan Rinno-ji-Tempel.
Um nach Nikko zu kommen, nahm ich den Shinkansen Nasuno, der besonders schick aussieht, bis Utsunomiya.
Von dort fuhr eine kleinere Bahn bis nach Nikko. Mit mir hatten noch sehr viele andere Leute diese Idee eines Ausflugs. Leider war das am Wochenende nicht anders zu erwarten, und gestern wäre es bei dem Regen beim besten Willen nicht gegangen.
Ich lief vom Bahnhof aus gleich los Richtung Tempel und wunderte mich etwas, dass ich dabei kaum Gesellschaft hatte. Als mich dann der erste überfüllte Reisebus überholte, war mir alles klar. Da hatte ich nach zwei Stunden Fahrt doch lieber etwas frische Luft und ein wenig Bewegung.
Durch das Dorf Nikko ging es an der Shinkkyo-Brücke vorbei
nach einem steilen Aufstieg in den Tempelbezirk.
Der Nikko Toshogu Schrein ist unglaublich schön. Und leider sehr überlaufen. Ich weiß, ich habe das schon an verschiedenen Stellen geschrieben, aber hier ging es praktisch nur noch im Gänsemarsch an den einzelnen Gebäuden vorbei. Ich hatte kaum Gelegenheit, Fotos zu machen, weil ich sonst die Treppen hinauf oder hinunter geschoben worden wäre. Er liegt eigentlich so malerisch in den Bergen im Wald, umgeben von erstaunlich hohen Bäumen. Aber er ist eben ein Touristen-Ort.
Um die Gebäude herum befinden sich unzählige Laternen, die zu besonderen Festen erleuchtet werden.
An einem Gebäude, das früher als Pferdestall diente, finden sich die drei Affen.
Die drei Affen haben in Japan eigentlich die Bedeutung „über Schlechtes weise hinwegsehen“. Ursprung soll eine Aussage von Konfuzius gegenüber einem Schüler gewesen sein. Konfuzius rät, nicht darauf zu schauen, was kein angemessenes Verhalten ist; nicht darauf zu hören, was nicht den Prinzipien der Schönheit entspricht und nicht davon zu reden, was diesem Prinzip nicht entspricht. Bei uns werden die drei Affen oft als „alles Schlechte nicht wahrhaben wollen“ interpretiert (Nichts hören, nichts sehen, nichts sagen). Das ist aber eine andere Facette der Darstellung.
Leider waren trotz Weltkulturerbe innen die Hinweise spärlich, und so müssen jetzt einfach die Bilder für sich sprechen.
Im Schrein findet sich über einer Tür die geschnitzte Darstellung einer schlafenden Katze. Daher wurde diese auf den Holztäfelchen abgebildet.
Bemerkenswert sind auch diese beiden Elefanten. Der Künstler soll die Elefanten nach Berichten geschnitzt haben. Selbst hatte er keine gesehen. Sie sind doch sehr gut geworden.
Hier in den Bergen zeigte sich auch ganz leicht eine erste Herbstfärbung. In ein paar Wochen werden die Rottöne wunderbar aussehen.
Nach meinem Rundgang durch den Schrein trat ich den Rückzug an und fuhr wieder zurück nach Tokyo.
Am Bahnhof erstand ich noch eine vegane Bento-Box. Eine Bento-Box nehmen die Japaner sehr gerne mit auf ihre Zugfahrten. In einer Bambusbox befinden sich Reis und verschiedene Leckereien, alles handlich verpackt und gut im Zug zu essen. Ich nahm meine mit ins Hotel und genoß sie da. Sehr lecker. Ein Foto dazu werde ich noch nachreichen, ich habe es nur auf dem Handy. Ich war zu hungrig, um an die Kamera zu denken.
Heute kam der angesagte Regen. Mein Handy-Wetterbericht sprach von „sintflutartigen Regenfällen“ und von „überschwemmendem Regen“. Als Niederschlagsmenge wurden für den Tag 108 mm angegeben. Im Jahr fallen in Tokyo durchschnittlich 1.435 mm Regen. Zum Vergleich: In Berlin beträgt die Jahresmenge 574 mm und in London 621 mm.
Und was soll ich sagen, der Wetterbericht hatte recht. Das war für unsere Begriffe Starkregen, und der fiel durchgehend, ohne Unterlass. Zwar hat Tokyo ein gutes System, um diese Niederschlagsmengen auch abzuführen. Aber zwischendrin stand das Wasser halt doch ziemlich, und man musste aufpassen, wo man hintritt. Und natürlich ist es nicht leicht, auf den vollen Straßen noch mit einem Schirm zu jonglieren.
Schirm, nächstes Stichwort. Ja, ich habe es getan. Ich habe mir heute als erstes einen Schirm gekauft. Den gab es glücklicherweise nebenan im Konbini. Konbinis sind kleine Läden, die meist 24 Stunden am Tag offen haben und alles mögliche für den täglichen Bedarf führen, Getränke, Snacks, Brot, Atemmasken und eben auch Schirme. Was man in Japan halt so braucht. In Berlin nehme ich nie einen Schirm. Ich habe so einen kleinen schwarzen gekauft. Mal sehen, was ich mit dem auf der weiteren Reise noch anstelle. Übrigens wird bei Schirmen teilweise auch angegeben, welchen UV-Wert sie haben. Das ist etwas, über das ich mir zu Hause noch nie Gedanken gemacht habe.
Dann fuhr ich mit der U-Bahn zur Station Ryogoku.
Noch ein Wort zur U-Bahn. Auf den Treppen ist überall ausgeschildert, auf welcher Seite man laufen soll. Mal ist das auf der linken Seite, mal auf der rechten. Teilweise sind beide Richtungen auch unterschiedlich breit. Das macht zwar morgens total Sinn, aber ich frage mich doch, ob sich das im Laufe des Tages nicht umkehrt? Oder ist es nur morgens so schlimm und verteilt sich dann später besser? Faszinierend jedenfalls.
Mein Ziel war das Tokyo Metropolitan Edo-Tokyo Museum. In der Station Ryogoku sollte es laut Reiseführer eigentlich einen Ausgang geben, über den man direkt ins Museum kommen sollte. Natürlich war dieser Ausgang momentan geschlossen. Wäre ja auch zu schön gewesen. Im Museum habe ich dann heute meinen Schirm in einem dieser Schirmständer geparkt. Da ich einen kleinen und nicht den Standard-Stockschirm genommen habe, passte er nur mit Überredung rein. Dann wie ein Profi noch den Rucksack in das 100 Yen Schließfach verstaut und los konnte es gehen. Zwar hat das Museum auch viele Erklärungen auf Englisch, aber heute war mir mal nach Interaktion. Daher habe ich am Schalter gefragt, ob ich an einer englischen Führung teilnehmen kann. Ich dachte da an so eine Gruppenführung zur vollen Stunde. Wie sich herausstellte, gibt es eine ganze Truppe Freiwilliger, welche Besucher in insgesamt 8 (!) Sprachen individuell durchs Museum führen. Kostenlos wohl bemerkt. So kam ich in den Genuß einer 1:1 Führung mit unglaublich vielen Informationen, die sich mir so gar nicht aus den Infotexten erschlossen hätten. Das war großartig.
Das Museum beschäftigt sich mit der Edo-Zeit und der Tokyo-Zeit. Edo ist der alte Name von Tokyo. Schon im 18. Jahrhundert war Edo eine Weltstadt mit einer Million Einwohnern. In 1868 wurde Edo in Tokyo umbenannt. Tokyo ist zu einem großen Teil auf künstlich aufgeschüttetem Boden entstanden. Daher sind Bauarbeiten hier nicht so einfach, und man konnte auch keine Brunnen graben. Tokyo hatte daher schon früh ein Frischwasser- und Abwassersystem über Kanäle und Rohre. Die Wasserstellen haben sich natürlich früher viele Menschen geteilt. Aber die Überlegungen, die da hineingingen, und die Arbeitskraft, sind schon erstaunlich.
Hinein ging es über einen Nachbau der Nihombashi-Brücke, die ich ja in echt schon auf meiner Radtour gesehen habe (der Nullpunkt von Japan). Im oberen Stockwerk gab es viele Dioramen über das Zentrum Tokyos in früherer Zeit und von einzelnen Häusern. Im unteren Stockwerk waren Häuser aus verschiedenen Zeiten aufgebaut. Es gab auch einige Informationen zu Festivals und Entertainment. Ein Highlight für mich war der Backstage Bereich eines Kabuki Theaters mit den verschiedenen Geräten, um passende Theatergeräusche zu machen. Herrlich.
So verging die Zeit wie im Flug, und nachdem sich meine nette Führerin verabschiedet hatte, ging ich noch ein wenig allein durch die Ausstellung, bei der man an verschiedenen Stellen Dinge ausprobieren konnte, zum Beispiel, wie schwer ein Trageholz für Fischkörbe auf der Schulter ist.
Ein wunderbares Museum, das nicht viel Eintritt kostet, aber ganz viel Spaß macht.
Als ich rauskam, goß es immer noch. Ich machte mich wieder auf in die U-Bahn. Mit der fuhr ich bis zu Station Omote-Sando. Das ist ein absolut abgefahrenes Viertel, in dem es einen hochklassigen Laden neben dem anderen gibt: Design, Kunst, elegante Mode, Luxuskarossen und im übrigens auch Steiff-Stofftiere. Mein Ziel aber war ein Wolleladen. Er heißt „Walnut“ und hat als Motiv ein Eichhörnchen. Das war wie für mich gemacht.
Der Laden war mini, aber sehr schön, mit tollen, luxuriösen Wollsorten, und die Menschen sprachen Englisch und Französisch.
Dort habe ich kleinere Stricknadeln für mein Lace-Projekt bekommen (die einzelnen Größen wurden ordentlich in einer Schublade aufbewahrt). Sie haben hier etwas andere Größen, aber ich werde ausprobieren, ob es damit besser aussieht. Dann habe ich noch, ähem, Wolle gekauft. Jaja, ich weiß. Aber es wäre doch so schade gewesen, ohne eine wollige Erinnerung aus Japan abzureisen. Die Wolle stammt aus Japan und ist sozusagen die Eigenmarke des Ladens. Seinen Hauptsitz hat er in Kyoto, wo ich ja nun aufgrund der abgesagten Rundreise nicht mehr hinkommen. Daher habe ich mir die Wolle in der Farbstellung „Kyoto“ ausgesucht. Sie ist schön weich. Ich schätze, da wird eine Stola draus.
Dann ging es noch zur Post, weil ich ein paar Karten aufzugeben hatte. Es war eine große Post, wo man noch andere Dinge wie Versicherungen erledigen konnte. Eine junge Frau wies mich darauf hin, dass man eine Nummer ziehen muss. So verhindert man, dass man in der Schlange steht, die am längsten braucht… Der Postbeamte konnte ein wenig Englisch, aber es war ja sowieso klar, was ich wollte, als ich ihm die Karten rüberschob. Ich durfte mir aussuchen, welche Briefmarken verwendet werden, und er bedankte sich sogar bei mir fürs Warten. Der reine Wahnsinn.
Dann war ich durch, langsam auch an den Schuhen und machte mich auf den Rückweg.
Der Wolleausflug gehört sicher nicht zum Standardprogramm, war aber überaus interessant. Google Maps macht so etwas möglich und auch der Router. Touristen leihen sich für ihren Japan-Aufenthalt nämlich üblicherweise einen Router, über den sie dann mit dem Handy ins Internet gehen können. Das ist unterwegs sehr praktisch. Der Router ist einfach zu bedienen, sogar ich habe es ohne Probleme geschafft. Ein Roaming wäre unerhört teuer. Natürlich kann man auch eine Daten-SIM am Flughafen kaufen, aber über den Router können auch mehrere Geräte ins Internet. In Tokyo hat man an vielen Stellen WIFI, aber wenn man weiter durch Japan reist, ist es hilfreich und einfach.
Ich hoffe, dass es sich nun über Nacht ausregnet. Aufgrund des Regens gibt es leider auch kaum Fotos von heute. Aber das war nichts für die Kamera.
Leider war das Wetter heute wieder bewölkt, aber immerhin trocken. Ich beschloss, einen Ausflug nach Nippori zu machen. Nippori liegt nördlich vom Zentrum Tokyos und ist eine Wohngegend. Interessant ist Nippori aufgrund der Fabric Street, eine Straße mit lauter Stoffgeschäften.
Ich fuhr mit der Yamanote Linie von Tokyo Station bis Nippori, wo es dann schon Wegweiser zur Fabric Street gab. Das war wirklich ein Mekka für Nähfans. Eines der Geschäfte, Tomato, hat gleich mehrere Läden in der Straße, und das Hauptgeschäft hat fünf Stockwerke.
Was ich wirklich gebraucht hätte, waren dünnere Stricknadeln für mein Laceprojekt. Das war natürlich nicht zu finden. Aber Stoffe gab es ohne Ende, in allen Ausführungen und Farben.
Auf dem Rückweg zum Bahnhof kam ich an einer Telefonzelle vorbei. Sie sind mir schon mehrfach im Stadtgebiet aufgefallen. Ich bin nicht sicher, ob man in der Telefonzelle WIFI hat oder ob hier nur ein Plakat angebracht ist, dass man im Bezirk freies WIFI hat. Da ich einen Router mit mir herum trage, bin ich bisher nicht in die Bredouille gekommen.
Nach diesem sehr interessanten Rundgang fuhr ich mit der Yamanote Linie weiter zur Station Komagome und lief von dort aus zum Rikugien Garten. In Japan sind Parks meist nicht das, was wir darunter verstehen. So war ich im Ueno Park ganz überrascht, dass die meisten Wege asphaltiert waren und er nicht die grüne Oase ist, die ich mir vorgestellt hatte. Ein Garten hingegen ist ein formell angelegter japanischer Garten, der gerade beim Platzmangel in Tokyo nicht riesig groß ist, aber mit so viel Überlegung und Ästhetik angelegt ist, dass er eben in Ruhe genossen werden sollte. So einer ist auch der Rikugien Garten.
Er ist schon recht alt und stammt aus der Edo-Zeit. Er ist rund um einen See angelegt und wirklich sehr schön. Es gibt einen kleinen Berg, viele schöne Aussichtspunkte. Wenn sich das Laub dann bald verfärbt, wird es bestimmt eindrucksvoll aussehen.
Als nächstes fuhr ich zur Station Ochanomizu und besuchte den Kanda-Myojin-Schrein.
Man kann sich ja fragen, ob ich nun nicht langsam genug Schreine besucht habe. Aber zum einen ist das ein sehr alter Schrein (über 1.000 Jahre alt) und ein besonders schön bunter Schrein.
Und zum anderen kann man hier einen ganz besonderen Zauberspruch kaufen, nämlich den Zauberspruch für eine gut funktionierende IT. Und das kann man ja wohl dringend gebrauchen. Laut Reiseführer sollte der Spruch die Nummer 70 haben. Nummer 70 gab es aber nicht. Ich bin dann nach und nach wirklich fast alle Sprüche durchgegangen, bis ich ihn in Nummer 21 gefunden habe. Er hat schon leichte Ähnlichkeit mit einem Computer Motherboard, weswegen er mir überhaupt aufgefallen ist. Die Sprüche waren übrigens nicht chronologisch geordnet, sondern in thematischen Gruppen, und es gab auch nicht durchgehend alle Zahlen, weswegen die Sucherei so lange gedauert hat. Also löhnte ich 1.000 Yen für den Spruch und hoffe, dass es sich gelohnt hat.
Anschließend lief ich vom Schrein zurück zur Tokyo Station
Dabei kam ich an einer christlichen Kirche vorbei, das erste Mal überhaupt hier, soweit ich mich erinnern kann. Es ist die St. Nicholas Church, die aber an einem Hinweisschild als St. Nichoras Church bezeichnet wurde… Schließlich ging es zurück ins Hotel.
Nach dem Essenserlebnis gestern habe ich es mir heute betont einfach gemacht. Was bin ich für eine Kulturbanausin…
Es war ein etwas ruhigerer Tag, aber das musste auch mal sein. Reisen ist ja nicht nur hin und her rennen, sondern es ist schön, auch mal kleine Dinge zu erleben und zu entdecken.
Heute ging es nach Kamakura. Kamakura liegt am Meer und war während des Kamakura-Shogunats von 1185 bis 1333 Japans Hauptstadt. Berühmt ist Kamakura für seine Tempel und Schreine.
Für die Fahrt von Tokyo nach Kamakura nutzt man die Yokosuka-Linie. Ich dachte ja, ich würde mich nun im Bahnhof Tokyo auskennen. Weit gefehlt. Bei dieser Linie handelt es sich nicht um einen Shinkansen, sondern um einen lokalen Zug. Der fährt daher nicht am Shinkansen Bahnhof ab, sondern von anderen Gleisen. Besonders verwirrend war, dass Gleis 1 mehrfach vorkommt. Ich musste ganz weit nach unten, bis ich endlich das richtige Gleis fand. Das war schwierig, denn obwohl ich den Hinweisschildern genau gefolgt bin, kam ich an eine Stelle, an der man zwar hinunter gehen sollte, aber vier Rolltreppen nur nach oben führten. Das wird offenbar für den Berufsverkehr so geschaltet. Ein Stück weiter hinten fand ich aber schließlich eine Rolltreppe, die mich nach unten brachte.
Auf der Yokosuka-Linie fahren Züge, die eigentlich U-Bahnzüge sind. Demensprechend sind die Abteile schlicht. Es gibt auch Waggons mit der üblichen Bahnausstattung, aber diese sind erster Klasse und müssten gesondert gebucht werden. Der Zug war auf der Hinfahrt unglaublich voll.
Angekommen in Kamakura sollte ich eigentlich laut Reiseführer mit der Enoden, einer kleinen Bahn, bis zur Station Hase fahren. Ich war mir nicht sicher, ob ich die Fahrt mit der PASMO Card zahlen kann oder ein Ticket lösen muss. Sicherheitshalber wollte ich ein Ticket lösen, aber der Automat zeigte sofort „Out of service“, als ich die Taste für die anderen Sprachen betätigte. Dann halt nicht. So bin ich eben gelaufen, und das war auch überhaupt nicht schlimm.
Zuerst ging es zum großen Buddha (auf japanische Daibutsu).
Das ist eine große Bronzestatue, die über 750 Jahre alt ist. Ursprünglich stand sie in einem Tempel, der aber 1498 von einem Tsunami weggerissen wurde. Seitdem sitzt der Buddha im Freien. Übrigens ist in den Stadtplänen, die überall aushängen, eingezeichnet, bis wohin man sich vor unterschiedlich starken Tsunamis in Sicherheit bringen muss. Das fand ich doch sehr eindrucksvoll.
Am Eingang löhnte ich 300 Yen und genoß dann den Anblick des Buddha.
Ein wenig verliert er durch die drei lärmenden Schulklassen und 500 Touristen drum herum. Ich habe es daher nicht geschafft, mit ihm zu meditieren, das ist etwas für Meister. Aber es war trotzdem sehr stimmungsvoll. In dem Blumenschmuck vor dem Buddha war jahreszeitlich sogar ein Kürbis mit drin. Ob der dann zu Halloween ausgehöhlt und geschnitzt wird? Lassen wir das.
Danach lief ich zum Meer hinunter. Der Strand ist aber nicht so überragend. Es gab weiter zur Stadt hin viele Surfer und mit Sonne ist das Meer natürlich immer schön.
Dann ging es ans nächste Abenteuer: Lunch. Auf dem Hinweg war mir ein kleiner Laden aufgefallen, der laut Schild „Rice Balls“ verkauft, außerdem stand da der Hinweis auf eine englische Speisekarte. Das klang gut. Also ging ich ganz mutig in den Laden hinein, wo mich die Bedienung mit einem Schwall japanisch begrüßte. Meine Frage nach der englischen Karte brachte nur einen weiteren Schwall Japanisch hervor. Offenbar musste man für die Bestellung ein Formular ausfüllen, das aber nur japanisch war. Die Bedienung schrieb mir auf der Rückseite sogar die vereinfachten japanischen Schriftzeichen auf, was mich aber leider auch nicht weiter brachte. Schließlich waren zwei der weiblichen Gäste sehr nett zu mir und halfen mir weiter. Die eine füllte sogar meinen Zettel aus. Nach einiger Wartezeit bekam ich dann mein Essen in die Hand gedrückt und suchte mir damit eine schöne Bank. Da war es mir heute mal total egal, dass man in Japan nicht in der Öffentlichkeit isst. Dieser Lunch war schwer verdient.
Danach lief ich weiter zum Hachimangu Schrein. Das ist der wichtigste Schrein in Kamakura. Er liegt an einer vom Meer kommenden Allee. Er ist einem Kaiser gewidmet, zu dessen Ehren im September jeweils ein Reiterspiel statt findet. Dieser Schrein war ebenfalls sehr eindrucksvoll, es gab auch ein wenig Grün drumherum.
Dann ging ich zurück zum Bahnhof und nahm den nächsten Zug zurück nach Tokyo. Japaner sind im Zug oft sehr müde und schlafen. Heute Nachmittag schliefen alle sieben Leute auf der Bank mir gegenüber. Das kann einen echt weich machen. Aber ich durfte natürlich nicht wegnicken, um nicht meinen Ausstieg zu verpassen.
Dann habe ich noch meine gestrige Mission erfüllt und im Bahnhof zwei Manga-Sport-T-Shirts nach Rücksprache mit meiner Freundin gekauft. Die Verkäuferin hielt mir vor dem Bezahlen ein Bild mit mehreren Charakteren hin und sagte, ich solle mir einen aussuchen. Ich verstand natürlich nicht, wofür, aber tat ihr den Gefallen. Damit erhielt ich eine Art Pappbügel mit dem Konterfei dieses Typen. Wie ich das in den Koffer bekommen soll, weiß ich noch nicht. Aber Manga ist hier wirklich eine ernste Sache, ich habe mehrere Leute in der Bahn heute beim Manga-Lesen beobachtet. Alles Erwachsene und alle schauten ganz ernsthaft dazu.
Nachdem ich in einem Laden noch ein neues Handy-Ladekabel erstanden habe, weil das alte leider gesplittet ist, waren meine Kommunikationseinheiten für heute endgültig erschöpft. Ich mache es mir nun mit einem Matcha-Dessert gemütlich.
Heute früh regnete es. In Strömen. Ohne Unterlass. Daher beschloss ich, dass es ein guter Tag ist, um ins Museum zu gehen. Aufgrund des Feiertages zur Krönung des neuen japanischen Kaisers war heute zudem der Eintritt ins National Museum von Tokyo kostenlos, was sich gut traf.
Das Tokyo National Museum liegt am Ueno Park. Alle anderen Menschen in Toyko hatten heute ihre Regenschirme aufgespannt, ich habe so etwas nicht mit. Auch in Berlin laufe ich eigentlich nie mit Schirm. Aber hier wäre das echt eine gute Idee gewesen. Ich konnte zwar von meiner U-Bahn-Station bis Ueno durchfahren, aber auf dem Weg von der Station zum Museum wurde ich dann ganz schön durchfeuchtet.
Die Idee mit dem Museum hatten noch viele andere Menschen, weswegen es eine lange Schlange vor dem zentralen Eingang gab. Es ging aber relativ fix, da ja keine Tickets gekauft werden mussten, und es verteilte sich dann ganz gut. Der Komplex besteht aus mehreren Gebäuden, in denen unterschiedliche Ausstellungen sind. Die meisten Leute wollten heute zur Sonderausstellung von Kostbarkeiten, die über die Jahrhunderte in der kaiserlichen Familie weitergegeben wurden. Das wäre sicherlich sehr interessant gewesen, aber offensichtlich brauchte man dafür Sondertickets. Ich war aber auch mit der normalen Ausstellung im Gebäude Honkan zufrieden, das die japanische Sammlung umfasst. Die Ausstellung vermittelt einen guten Überblick über die Entwicklung der japanischen Kunst. Außerdem gab es hier viele englische Erläuterungen und ein Faltblatt auf englisch zu den Highlights.
Aber bevor es hineinging, zeigte sich eine weitere japanische Besonderheit: Parkplätze für Schirme. Vielleicht ist das wegen des Klimas auch nur in Tokyo so. Ich fand es jedenfalls faszinierend, dass man hier seinen Schirm sicher anschließen konnte. Alternativ gibt es am Museum und wohl auch in Geschäften lange Plastiktüten, in die man seinen Schirm stecken kann. Es werden hier am liebsten Stockschirme verwendet, wahrscheinlich weil sie doch ein wenig stabiler sind, wenn zum Regen noch Wind dazu kommt.
Dann ging es rein ins Museum. Statt langer Rede hier lieber ein paar Eindrücke:
Ins Museum darf man übrigens keine Füller mitbringen. Sie könnten auf die Ausstellungsstücke tropfen. Seltsamerweise werden dann aber welche im Shop verkauft…
Nach drei Stunden war ich ziemlich durch. Eigentlich wollte ich noch in einem der Museums-Restaurants einkehren, aber die angebotenen Speisen waren entweder sehr fleischlastig oder süß. Da habe ich dann lieber verzichtet. Vegetarische Ernährung scheint im japanischen Alltag kein Thema zu sein. Seltsam, da sich die buddhistischen Mönche streng vegetarisch ernähren, und buddhistische Klöster gibt es hier sehr viele. Aber offenbar hat nur der buddhistische Klosterkoch verstanden, was vegetarisch ist und damit ist das Thema abgehakt.
Außen befindet sich das Schwarze Tor. Es ist in der Regel an Wochenenden und Feiertagen zu besichtigen.
Nach 13 Uhr wurde der Regen endlich leichter und stoppte schließlich sogar ganz, dass ich doch noch meinen ursprünglichen Plan in die Tat umsetzen und nach Asakusa fahren konnte. Asakusa ist ein alter Tempelbezirk, weswegen ich mir das ganze beschaulich vorstellte. Weit gefehlt! Da war ganz ordentlich was los, und es herrschte absolute Festtagsstimmung. Am Anfang des Bezirks steht das Kaminari-mon (Donnertor) mit einer riesigen Papierlaterne.
Dahinter geht es dann zu sehr vielen Tempeln und Schreinen. Der größte ist der Senso-ji oder Asakusa-Kannon Tempel.
Wie man auf den Fotos sieht, waren viele Leute auf den Beinen. Viele Frauen trugen Kimono, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das in der Mehrheit wirklich Japanerinnen waren oder doch andere Asiatinnen, die sich einen gemietet hatten. Jedenfalls haben sich alle wie wild vor dem Tempel fotografiert. An den kleinen Ständen vor dem Tempel konnte man sich eine Art Zauberspruch kaufen, zu verschiedenen Themen wie „Gute Reise“ oder „Geld“.
Es war sehr interessant, diesem Treiben zuzusehen, wenn ich auch nicht alle Feinheiten verstanden habe. Sehr eindrucksvoll.
In den Nebenstraßen finden sich noch viele alte Gebäude und einige kleine Straßen mit vielen unterschiedlichen Geschäften.
Süßigkeiten mit Matcha in quietschgrün erfreuten sich großer Beliebtheit und auch anderes Gebäck in Kugelform. So genau weiß man da meist nicht, was es ist, noch nicht mal ob süß oder salzig. Ich war heute Nachmittag nicht besonders experimentierfreudig.
Nach einem Rundgang stieg ich wieder in der Asakusa-Station in die U-Bahn ein. Ich hatte noch eine weitere Mission: meine Freundin hat das Lieblings-T-Shirt meines jüngsten Patensohnes verwaschen. Es zeigt einen Bakugan. Ich bin da ja völlig unbewandert und musste erstmal googlen, was das den ist. Ein Manga-Charakter. Gut. Wenn ich denn zufällig ein solches T-Shirt in Kindergröße sehe, möge ich es mitbringen. Gern. Also habe ich als erstes gesurft, wo man in Tokyo Manga-T-Shirts kaufen kann. Man sollte meinen, das sei einfach. Ist es aber ganz und gar nicht. Denn wahrscheinlich fällt das nicht unter gesellschaftlich korrekte Kleidung. Schließlich habe ich herausgefunden, dass es beim Jump-Shop solche T-Shirts geben soll. So ein Laden soll in der Tokyo Station sein, in der Character Street. Character Street? Also hin, Google macht’s möglich. Die Character Street entpuppte sich als Zone in der Einkaufspassage im Keller des Bahnhofes, in der es lauter Läden zu Fantasie- und Comic-Figuren gab, zum Beispiel Disney, Snoopy, Hello Kitty und eben auch Manga. Aber in Kindergrößen war da nichts zu bekommen. Offenbar sind Mangas dann doch wieder eine ernsthafte Sache. Da unten herrschten eine Lautstärke und ein Andrang, völlig unglaublich. Da war sie wieder ganz deutlich, die verrückte Seite von Japan.
Mission leider nicht erfüllt, noch nicht jedenfalls. Aber nach diesem Versuch war ich völlig geschafft und trat den Rückzug ins Hotel an.