In der Nacht zu Donnerstag kam der Nebel. Mal wieder. Immerhin konnte ich den Briefkasten finden, um meine Postkarten einzuwerfen.
Im Nebel sah die Bucht sehr verwunschen aus.
Der graue Schatten in der Mitte links im nächsten Bild ist nicht etwa ein Fettfleck, sondern ein Boot.
Die Feuchtigkeit hatte sich auch auf den Gräsern abgesetzt.
Ein Blick zurück auf Hillswick.
Dann wurde es schon ein wenig heller.
Und dann klarte es endlich auf.
Aber der Nebel sollte uns noch den Tag über begleiten.
Diese Katze schien keinen sonderlich guten Morgen zu haben. Vielleicht konnte sie vor Nebel die Mäuse nicht sehen?
Nach dem Frühstück verließen wir das St. Magnus Bay Hotel in Hillwick und fuhren mit der Fähre von Toft nach Yell, nachdem wir in Brae noch hoffnungsvoll an Sonnencreme aufgestockt hatten.
Die Fährfahrt dauerte so etwa 20 Minuten. Leider waren keine Wale oder Delphine in Sicht. Yell ist 212 qm groß, und es leben dort ca. 1000 Menschen, so auch unsere Guides Martha und Malcie.
In Yell angekommen, wollten wir eigentlich zwei Wanderungen machen, die erste in Burravoe. Auf dem Weg dorthin war es erst diesig, dann neblig, dann wie „pea soup“ und dann konnte man die Hand vor Augen praktisch nicht mehr sehen. Unsere guides hielten eine kleine Zwiesprache. Daraufhin verwarfen sie den Plan mit Burravoe und fuhren an die entgegengesetzte Seite der Insel, in der Hoffnung, dass der Nebel dort nicht hinziehen würde. Und das war auch so, ein Glück.
Ich muss noch erwähnen, dass es an diesem Tag in Europa Rekordtemperaturen gab: In London 39°C, Berlin 35°C und in Bayern ein neuer absoluter Rekord mit über 40°C. Wir haben es also tatsächlich geschafft, den einzigen Nebel in ganz Europa zu finden. Das ist schon eine Leistung.
Statt an der südöstlichen Küste, steuerten wir die nordwestliche an und gingen in Gloup wandern, was auch sehr schön war. Es involvierte nur einiges an Hin und Her, bis wir endlich los konnten, denn diese Wanderung war keine Rundwanderung.
Kurz vor Gloup begrüßte uns dieser Geselle:
IN Gloup kam es zu einer der größten Fischerei-Katastrophen in Shetland, die das Ende des Haaf-Fischens, also mit den großen Ruderbooten in der Tiefsee bedeutete. Am 20./21. Juli 1881 befanden sich die Fischer mit ihren Booten wieder auf dem Wasser, um Fische zu fangen im Rahmen des Haaf-Fischens, also mit Ruderbooten und Angelschnüren. Von Island her zog überraschend ein Sturm auf. In diesem Sturm gingen zehn der Boote verloren, 58 Fischer kamen nicht mehr nach Hause. Es hinterblieben 34 Witwen und 85 Kinder. Da 36 der gestorbenen Fischer aus Gloup kamen, wurde ihnen dort auch ein Denkmal errichtet.
Hier noch ein Bericht eines damiligen Augenzeugen, abgedruckt in der damaligen „Shetland News“:
„A fleet of about 30 boats was at sea the night of the disaster, 26 from the north half of Yell, most of them from Gloup, with others from places such as Gutcher and as far south as Whalfirth (near Mid Yell.) There were a few among the number out from Unst and Feideland. The night was very fine, and we went off from the land about twenty miles, though it is difficult to recollect the distance after so long an interval of time.
„The storm struck us suddenly, and as soon as it struck we were in a fearful sea, and in darkness, in spite of it being the month of July. In our boat we held to our lines and did not leave our position till we had got all our lines on board. We then set sail and turned for home, sailing before the wind. In such a sea it was necessary to steer for each wave, veering away from side to side according to the precise direction from which the wave pursued us. Two men stood by the sail (a square sail) in order to handle it, both for the veering, and because, if a sea threatened to break over us, the skipper would make them lower the sail, thus easing the boat and allowing the wave to go past us before breaking.
„At last as the day broke (about 4 p.m.) we saw that we were nearing the land — it was then pouring with rain as well as exceedingly tempestuous, with dark overladen sky. The first hint we got of any disaster was a number of oars floating in the water, for we had seen no other boat during the night. As we approached the haven at Gloup Voe we saw an empty boat driving ashore, overturned on its side, mast and sail keeping it in that position. Then as we entered the Voe itself, we saw a great concourse of people — wives, sisters, parents, and some children — gathered on the shore with a great lamentation, and a boat manned by twelve men rowing towards us to get hold of the upturned boat. The people had come from miles around to view what they dreaded and expected, for the storm had broken suddenly in the midst of a fine night, and they knew their men were at sea. When we landed they asked if we had seen any other boats, but of course we said we had not.“
Viele der Überlebenden litten ihr Leben lang an Schuldgefühlen.
Das Denkmal bewahrt die Namen der verstorbenen und gibt Auskunft über das Unglück.
Vom Denkmal aus liefen wir zum Gloup Voe (=Bucht).
Von dort aus sieht man gut Gloup Holme, die vorgelagerte Insel. Im Sturm war es wohl entscheidend, auf welcher Seite man diese Insel passierte.
Gloup Holme ist von Menschen unbewohnt, aber sicherlich von vielen Seevögeln.
Wir gingen dann hoch auf die Klippen hinauf. Dort befand sich eine Station der Küstenwache, inzwischen nicht mehr besetzt.
Immer weiter ging es an den Klippen entlang. Ganz hinten auf dem nächsten Bild leuchtet ein Strand, der eines unserer Etappenziele war.
Das besondere an diesen Felsen ist, dass sie glitzernde Streifen haben, „mica“ im Englischen. Soweit ich in Erfahrung gebracht habe, wird das als Glimmergruppe bezeichnet, die aus Mineralien, Schichtsilikaten besteht. Das klingt jetzt sehr trocken, war aber in natura sehr eindrucksvoll.
Wir liefen immer weiter und so langsam knurrte schon der Magen.
Die Küste wirkte wieder ganz eigen und anders als die Klippen auf Shetland Mainland.
Endlich ging es etwas hinunter. Der weiße Pfosten im nächsten Bild zeigt übrigens an, dass es sich bei dem Weg um einen „Core Path“ handelt. Auf Shetland sind die Wanderwege nicht wirklich ausgeschildert. So ein Wegweiser wäre viel zu hoch für die Winterstürme, und man müsste ihn schon einbetonieren, und das wäre letztlich schade. Statt dessen gibt es diese kleinen weißen Pfosten, die zugleich zeigen, bis wohin man an die Klippen heran gehen soll, da manche Gesteinsformen besonders bröselig sind.
Es geht weiter hinunter und in Richtung Wasser.
Und dann waren wir am Strand. Das ist der berühmte Strand, Breckon Sands. Dieser Strand hat viele Preise gewonnen und ist wirklich traumhaft schön. Und keineswegs überlaufen.
Von nahem konnte man gut sehen, dass sich die Glitzerpartikel aus den Felsen auch im Sand wiederfinden. Ich habe noch nie so glitzernden Sand gesehen. Der Sand setzte sich auch überall fest, und es dauerte eine Weile, bis wir wieder ohne Glitzer waren.
Hier machten wir erstmal Lunch-Pause. Einige von uns warfen ihre Schuhe ab und gingen mit den Füßen ins Wasser. Ich habe nur einen Finger in den fürchterlich kalten Atlantik gehalten. Das hat mir schon gereicht.
Dann ging es weiter am Strand entlang und wieder hinauf auf die Klippen. Das nächste Foto zeigt überwachsene Überreste von Wikinger-Häusern.
Hier fanden auch Ausgrabungen statt. Unter den Ruinen aus der Wikingerzeit finden sich noch Relikte aus der Bronzezeit. Bei solchen Konglomeraten ist man aber immer im Zwiespalt, ob man sich auf die obere Schicht konzentrieren soll oder diese zerstören, um die älteren Schichten erforschen zu können.
Hier hat man es bei den Wikinger-Überresten belassen.
Ein Blick zurück auf die Landzunge, die wir mangels Zeit nicht mehr erkundet haben.
Diese Baumruine musste ich einfach fotografieren, weil man so etwas auf Shetland nicht oft sieht.
Beim anschließenden Toiletten-Stopp gab es wieder Otter-Alarm. Der Otter war aber sehr weit weg und tauchte lieber gleich unter.
Dann fuhren wir zurück nach Mid Yell, genauer nach Sellafirth, wi sich die Shetland Gallery und das Globalyell Textiles befindet. Dort wird gewebt und auch Shetland Tweed hergestellt. Leider war der Webstuhl gerade leer, als wir ankamen. Die Stoffe, die dort gewebt werden, sind meist schon auf dem Wegstuhl verkauft. Die Inspiration entstammt der Landschaft drumherum, den Farben und dem Wetter. Immerhin gab es noch ein älteres Werk zu bewundern.
Dann war es dringend Zeit, wieder die Mini-Busse zu besteigen und nach Gutcher zu fahren, damit wir nach Unst übersetzen. Diese Fährfahrt war sehr kurz und dauerte nur fünf Minuten. Auf Unst wohnten wir im Saxa Vord in kleinen Häusern. Das ganze war im Prinzip nett angelegt, fiel jetzt aber langsam auseinander. Wie gut wir es doch mit unserem deutschen Standard in der Regel haben.
Ein sehr erlebnisreicher und interessanter Tag auf Yell, wo man sicherlich noch viel mehr entdecken könnte.