Am Dienstafd, den 10. September 2019, stand neben einem Strick-Workshop eine Tour über die größte der Aran Islands, Inis Mor, auf dem Programm.
Ich startete mein persönliches Programm schon um kurz vor 7 Uhr mit einem Spaziergang zum Sonnenaufgang. Das Meer und die frühe Stunde waren so eindrucksvoll.
Auf meinem Spaziergang traf ich einen Mann auf einem Fahrrad, der hinter sich ein Pferd hertraben ließ.
Und ein wenig später schloß sich mir ein Hund an. Ich habe keine Ahnung, wo der Boarder Collie herkam, aber er wich mir nicht mehr von der Seite und wäre am liebsten auch in mein Hotel-Zimmer gekommen.
Um 12 Uhr ging es mit den Mini-Bussen los nach Dun Aengus oder Dun Aonghasa auf gälisch. Das ist ein halbkreisförmiges Fort auf einem Hügel mit einer grandioses Aussicht auf den Atlantik. Drei unterschiedlich hohe Steinmauern umgeben einen Platz, auf dem sich zum Meer hin eine Art Bühne befindet. Der Ausblick von dort oben war wirklich grandios. Entstanden ist das ganze ab 1.100 v. Chr.. Innen wurden bei Ausgrabungen Ringe und Bernsteinperlen gefunden, die nun im Museum in Dublin sind. Leider sind sie mir dort nicht besonders aufgefallen.
Die Steinmauern sind in Trockenbauweise gebaut, wie eigentlich alle Mauern hier. Dabei gibt es in der Mauer ganz viele Löcher, damit der Wind hindurchwehen kann und die Mauern im Sturm nicht zerstört werden.
Dun Aengus diente wohl eher zeremoniellen und religiösen Zwecken als dem Zweck der Verteidigung. Zudem war es schlicht ein guter Aussichtspunkt.
Außerhalb befindet sich ein Chevaux de Friese, der ungefährt 700 v. Chr. errichtet wurde. Dabei handelt es sich um eine Ansammlung von vielen kleineren Steinen. An anderen Orten haben diese eine klare Verteidigungsfunktion. Ob das in Dun Aengus auch der Fall war oder ob sie eher eine Zurschaustellung einer exotischen Bauart waren, lässt sich nicht eindeutig beantworten.
Nach einer kleinen Stärkung ging es weiter zu Mairtin O Flaitherarta, einem Farmer. Mairtin ist dabei, die traditionellen Galway-Schafe wieder auf die Inseln zu holen. Insgesamt soll es in der Welt nur noch 1.000 Galway-Schafe geben, 30 davon bei Mairtin. Er züchtet auf Wollqualität, da seine Vision ein Aran-Pullover ist, der auf den Aran-Inseln aus der Wolle der Galway-Schafe angestrickt worden ist. Das ist noch ein langer Weg. Immerhin gibt es schon die Wolle, die er verkauft und auch verschickt. Die Pullover werden derzeit noch per Maschine gestrickt. Er unternimmt einige Versuche mit der Einkreuzung von Wensleydale Schafen. In seinen Beispielen konnten wir eindeutig sehen, dass die Aran-Wolle eine bessere Klarheit hinsichtlich der Stiche hat als andere Wolle und diese auch besser hält. Der Nachteil ist, dass die Wolle nicht so weich ist wie wir das mittlerweile gewohnt sind. Da muss man für sich entscheiden, was einem wichtiger ist.
Da der Begriff „Aran“ nicht geschützt ist und zudem auf einer Karte aus dem letzten Jahrhundert die Bezeichnung Inis Mor für die Insel offiziell eingeführt wurde, gibt es keinerlei Beschränkungen, und im Prinzip kann sich alles Aran Sweater nennen. Es gibt hier unzählige Geschäfte, die alle solche Pullover verkaufen. Meist ist unklar, wo die Wolle her kommt oder wo das Produkt gefertigt wurde. Schön sind sie alle. Aber wenn, dann will ich mir doch lieber einen selbst stricken.
Von den Schafen ging es zurück ins Hotel, wo noch ein wenig Zeit vor dem Abendessen war, um schon mal alle Sachen wieder einzupacken.
Nach dem Essen kamen wir noch in den Genuss einer Sängerin zu lauschen. Traditionell ist der Gesang ohne Begleitung, weil die Melodiebögen der Stimme so komplex sind und auch jedes Mal wieder ein wenig abweichen, dass es sich mit einer Begleitung einfach nicht verträgt. Die Lieder waren sehr eindrucksvoll, teilweise auf Gälisch und klangen wie viele irische Musik und Poesie sehr traurig. Es war aber besonders schön, diese Art von Musik kennen zu lernen.
Heute früh gab es einen weiteren wunderbaren Sonnenaufgang.
Dann haben wir Inis Mor nach einem fixen Frühstück wieder mit der Fähre verlassen. Es war sehr eindrucksvoll, weil sich auf den Inseln noch viele Traditionen bewahrt haben. Die Einwohnerzahl von Inis Mor ist relativ gering, ca. 600 Leute. Die meisten arbeiten in der Tourismusindustrie oder auch im Fischfang, wobei es gar nicht mehr so viel zu fischen gibt. Schafe und Rinder findet man viele. Die Regierung unterstützt inzwischen Vorhaben der traditionellen Landwirtschaft mit Geld. Die Felder sind zwar alle aufgeteilt, aber auf diesem steinigen Grund mit nur sehr wenig Erde etwas vernünftig anzubauen, ist überaus schwierig. Die Felder sind zudem sehr klein und mit Mauern umgeben, so dass landwirtschaftliche Geräte nur schwer eingesetzt werden können. Das einzige Kino der Insel hat auch seit einiger Zeit geschlossen. Im Winter ist daher vermutlich nicht so viel los. Aber für unsere Tour und den Strickworkshop war die Zeit hier eine echte Bereicherung.