Tokyo, 22. Oktober 2019
Heute früh regnete es. In Strömen. Ohne Unterlass. Daher beschloss ich, dass es ein guter Tag ist, um ins Museum zu gehen. Aufgrund des Feiertages zur Krönung des neuen japanischen Kaisers war heute zudem der Eintritt ins National Museum von Tokyo kostenlos, was sich gut traf.
Das Tokyo National Museum liegt am Ueno Park. Alle anderen Menschen in Toyko hatten heute ihre Regenschirme aufgespannt, ich habe so etwas nicht mit. Auch in Berlin laufe ich eigentlich nie mit Schirm. Aber hier wäre das echt eine gute Idee gewesen. Ich konnte zwar von meiner U-Bahn-Station bis Ueno durchfahren, aber auf dem Weg von der Station zum Museum wurde ich dann ganz schön durchfeuchtet.
Die Idee mit dem Museum hatten noch viele andere Menschen, weswegen es eine lange Schlange vor dem zentralen Eingang gab. Es ging aber relativ fix, da ja keine Tickets gekauft werden mussten, und es verteilte sich dann ganz gut. Der Komplex besteht aus mehreren Gebäuden, in denen unterschiedliche Ausstellungen sind. Die meisten Leute wollten heute zur Sonderausstellung von Kostbarkeiten, die über die Jahrhunderte in der kaiserlichen Familie weitergegeben wurden. Das wäre sicherlich sehr interessant gewesen, aber offensichtlich brauchte man dafür Sondertickets. Ich war aber auch mit der normalen Ausstellung im Gebäude Honkan zufrieden, das die japanische Sammlung umfasst. Die Ausstellung vermittelt einen guten Überblick über die Entwicklung der japanischen Kunst. Außerdem gab es hier viele englische Erläuterungen und ein Faltblatt auf englisch zu den Highlights.
Aber bevor es hineinging, zeigte sich eine weitere japanische Besonderheit: Parkplätze für Schirme. Vielleicht ist das wegen des Klimas auch nur in Tokyo so. Ich fand es jedenfalls faszinierend, dass man hier seinen Schirm sicher anschließen konnte. Alternativ gibt es am Museum und wohl auch in Geschäften lange Plastiktüten, in die man seinen Schirm stecken kann. Es werden hier am liebsten Stockschirme verwendet, wahrscheinlich weil sie doch ein wenig stabiler sind, wenn zum Regen noch Wind dazu kommt.
Dann ging es rein ins Museum. Statt langer Rede hier lieber ein paar Eindrücke:
Ins Museum darf man übrigens keine Füller mitbringen. Sie könnten auf die Ausstellungsstücke tropfen. Seltsamerweise werden dann aber welche im Shop verkauft…
Nach drei Stunden war ich ziemlich durch. Eigentlich wollte ich noch in einem der Museums-Restaurants einkehren, aber die angebotenen Speisen waren entweder sehr fleischlastig oder süß. Da habe ich dann lieber verzichtet. Vegetarische Ernährung scheint im japanischen Alltag kein Thema zu sein. Seltsam, da sich die buddhistischen Mönche streng vegetarisch ernähren, und buddhistische Klöster gibt es hier sehr viele. Aber offenbar hat nur der buddhistische Klosterkoch verstanden, was vegetarisch ist und damit ist das Thema abgehakt.
Außen befindet sich das Schwarze Tor. Es ist in der Regel an Wochenenden und Feiertagen zu besichtigen.
Nach 13 Uhr wurde der Regen endlich leichter und stoppte schließlich sogar ganz, dass ich doch noch meinen ursprünglichen Plan in die Tat umsetzen und nach Asakusa fahren konnte. Asakusa ist ein alter Tempelbezirk, weswegen ich mir das ganze beschaulich vorstellte. Weit gefehlt! Da war ganz ordentlich was los, und es herrschte absolute Festtagsstimmung. Am Anfang des Bezirks steht das Kaminari-mon (Donnertor) mit einer riesigen Papierlaterne.
Dahinter geht es dann zu sehr vielen Tempeln und Schreinen. Der größte ist der Senso-ji oder Asakusa-Kannon Tempel.
Wie man auf den Fotos sieht, waren viele Leute auf den Beinen. Viele Frauen trugen Kimono, wobei ich mir nicht sicher bin, ob das in der Mehrheit wirklich Japanerinnen waren oder doch andere Asiatinnen, die sich einen gemietet hatten. Jedenfalls haben sich alle wie wild vor dem Tempel fotografiert. An den kleinen Ständen vor dem Tempel konnte man sich eine Art Zauberspruch kaufen, zu verschiedenen Themen wie „Gute Reise“ oder „Geld“.
Es war sehr interessant, diesem Treiben zuzusehen, wenn ich auch nicht alle Feinheiten verstanden habe. Sehr eindrucksvoll.
In den Nebenstraßen finden sich noch viele alte Gebäude und einige kleine Straßen mit vielen unterschiedlichen Geschäften.
Süßigkeiten mit Matcha in quietschgrün erfreuten sich großer Beliebtheit und auch anderes Gebäck in Kugelform. So genau weiß man da meist nicht, was es ist, noch nicht mal ob süß oder salzig. Ich war heute Nachmittag nicht besonders experimentierfreudig.
Nach einem Rundgang stieg ich wieder in der Asakusa-Station in die U-Bahn ein. Ich hatte noch eine weitere Mission: meine Freundin hat das Lieblings-T-Shirt meines jüngsten Patensohnes verwaschen. Es zeigt einen Bakugan. Ich bin da ja völlig unbewandert und musste erstmal googlen, was das den ist. Ein Manga-Charakter. Gut. Wenn ich denn zufällig ein solches T-Shirt in Kindergröße sehe, möge ich es mitbringen. Gern. Also habe ich als erstes gesurft, wo man in Tokyo Manga-T-Shirts kaufen kann. Man sollte meinen, das sei einfach. Ist es aber ganz und gar nicht. Denn wahrscheinlich fällt das nicht unter gesellschaftlich korrekte Kleidung. Schließlich habe ich herausgefunden, dass es beim Jump-Shop solche T-Shirts geben soll. So ein Laden soll in der Tokyo Station sein, in der Character Street. Character Street? Also hin, Google macht’s möglich. Die Character Street entpuppte sich als Zone in der Einkaufspassage im Keller des Bahnhofes, in der es lauter Läden zu Fantasie- und Comic-Figuren gab, zum Beispiel Disney, Snoopy, Hello Kitty und eben auch Manga. Aber in Kindergrößen war da nichts zu bekommen. Offenbar sind Mangas dann doch wieder eine ernsthafte Sache. Da unten herrschten eine Lautstärke und ein Andrang, völlig unglaublich. Da war sie wieder ganz deutlich, die verrückte Seite von Japan.
Mission leider nicht erfüllt, noch nicht jedenfalls. Aber nach diesem Versuch war ich völlig geschafft und trat den Rückzug ins Hotel an.