Milford, 18. November 2019 (Montag)
Das Schlafen in den Vierer-Kabinen war erstaunlich bequem, und nachdem alle anderen herunter kamen, kehrte allmählich auch Ruhe ein, obwohl wir noch nicht einmal Türen an den Kabinen hatten. Auch die Betten waren in Ordnung und die Decken schön warm.
Um 4 Uhr war ich wach, um 4:30 Uhr bin ich aufgestanden. Ich griff meinen Rucksack und machte mich im Waschraum fertig. Dann setzte ich mich mit Tee in den Salon und schrieb Tagebuch. Da es draußen noch dunkel war, hatte ich anschließend noch Zeit zum Stricken. Um 06:40 Uhr kam ein netter Mann hoch, der recht erstaunt war, schon jemanden wach vorzufinden. Wir unterhielten uns eine Weile über die Schönheit der Natur und das gestrige Kajak fahren.
Um 06:15 Uhr startete der Fiordland Navigator den Motor und los ging’s. Damit war es endgültig Zeit, an Deck zu gehen und den Morgen zu genießen. Es war sehr frisch, und auf den Bergen lag eine Menge Neuschnee. Das Licht war einfach wunderschön, die Mondsichel stand am Himmel. Die Bilder können das nicht leider nicht so richtig einfangen.
Ab 06:40 Uhr gab es kontinentales Frühstück (also alles, was ich brauchte) und ab 7 Uhr auch was gekochtes. Währenddessen erkundeten wir einen Arm des Doubtful Sound nach dem anderen. Die Felsen gehen senkrecht ins Wasser, so dass das Schiff erstaunlich nah an das Ufer heranfahren kann. Wir hörten Infos über Farne, sammelten Wasser aus einem Wasserfall in Trinkwasserqualität und suchten nach Delfinen. Immer, wenn man schon völlig durchgefroren war und zum Aufwärmen rein wollte, gab es wieder eine neue schöne Sicht um die nächste Ecke. Die Delfine fanden wir nicht, dafür aber noch einmal Pinguine.
Außerdem erforschten wir die Sounds of Silence. Dazu stellte der Kapitän nach Vorwarnung den Motor des Schiffes aus. Alle sollten sich ruhig verhalten, nicht bewegen, keine Fotos machen, Kameras aus. Was dann nach und nach zum Vorschein kam, war sehr eindrucksvoll. Ich hörte den Wasserfall rauschen, ein paar Vogelstimmen, den Regen tropfen und überhaupt die Töne des Wassers und des Regenwaldes. Eine tolle Erfahrung.
Dann ging es zurück nach Deep Cove. Die Fahrt mit dem Fiordland Navigator war wunderschön. Es war so beeindruckend, den Doubtful Sound in diesem Wetter zu sehen, mit den reißenden Wasserfällen, und in einem so entlegenen Winkel der Erde zu sein. Wir hatten viel Glück, die Pinguine zu treffen. Im Kajak mittendrin zu sein, war ebenfalls eine großartige Erfahrung. Am schönsten war der Morgen, langsam das Licht kommen zu sehen, den neuen Schnee, die Wolkenformationen.
Wir konnten erst nach einer halben Stunde anlegen und verstanden die Verzögerung zunächst nicht. In den Bussen stellte sich dann heraus, dass es natürlich auch auf dem Pass geschneit hat, den wir mit den Bussen passieren müssen. Die Straße musste geräumt werden, und die Busse hatten wohl zunächst auch Schneeketten. Und wirklich, oben lag erstaunlich viel Schnee. Das war insbesondere an den exotisch anmutenden Farnen ein besonderes Bild.
Nach dem Bus ging es wieder auf die kleine Fähre, über den Lake Manapouri zurück nach Manapouri.
Dort angekommen, holte unsere Führerin unseren Bus Api und die Wetter Updates. Schnell war klar, dass unsere für heute geplante dreistündige Wanderung leider verschoben werden muss. Es war schon 13 Uhr, die Fahrt nach Milford dauert zwei Stunden, und die Straße wurde ab 17 Uhr gesperrt. Da war keine Zeit mehr für eine so lange Wanderung, weil wir unbedingt vor der Sperrung der Straße hinter den Sperrpunkt kommen mussten.
Die Straße, die nach Milford führt, ist eine kleine, gewundene Straße mit einigen Brücken und einem Tunnel. Sie führt durch die Berge . Es gibt einen längeren Abschnitt, bei dem oft Lawinengefahr besteht. Die Behörden versuchen mittlerweile, die Straße das ganze Jahr lang offen zu halten, nicht zuletzt da mit den Fahrten im Milfold Sound viel Geld im Tourismusbereich verdient wird. Aber manchmal ist das eben wegen der Lawinengefahr nicht möglich. Da für heute Nacht ein Sturm mit viel Regen und dementsprechend Schnee erwartet wird, muss die Straße ab nachmittags geschlossen werden.
Wir fuhren zunächst nach Te Anau, wo wir in einem Cafe unseren Lunch abholten. Dann ging es Richtung Milford, mit vielen Stopps unterwegs, bei denen wir uns die Beine vertreten und ein paar Fotos machen konnten. Das war nett, aber eigentlich war mir nach dem Tag Schifffahrt nach mehr Bewegung. Aber gut, es läuft eben nicht alles wie geplant.
Auf einem Parkplatz sahen wir unsere ersten Keas. Keas sind die einzigen alpinen Papageien. Sie sind sehr neugierig und verspielt. Sehr gerne knabbern sie an Plastikteilen an Autos. Prompt biss einer der Keas ein ziemlich großes Stück Gummi aus der Türdichtung unseres armen Busses Api. Obwohl es überall Schilder gibt, dass man die Keas nicht füttern soll, konnten manche Leute dem nicht widerstehen. Die Kiwis sagen „A fed kea is a dead kea“, weil das Essen zum einen die Verdauung der Keas durcheinander bringt, zum anderen sie eben davon abhängig werden und verlernen, sich selbst Futter zu suchen.
Schließlich kamen wir in Milford an. Milford ist mini. Es gibt die Lodge für die Wanderer, ein paar Häuser für Arbeiter auf den Schiffen und am Flughafen, einen Campingplatz, ein Besucherzentrum, eine Tankstelle, die manchmal Treibstoff hat, und unsere Unterkunft. Wir waren in kleinen Chalets untergebracht, mit Blick auf den Fluss. Unheimlich schön.
Beim Briefing nach dem Abendessen sagte uns unsere Führerin, dass wir morgen möglicherweise nicht weiter kommen. Aufgrund des erwarteten Sturms sei derzeit noch unklar, ob die Straße morgen wieder eröffnet werden könne. Es müsse zunächst geprüft werden, ob Lawinengefahr bestehe und möglicherweise Maßnahmen wie kontrollierte Sprengungen erforderlich sind. Daher müssten wir das Update um 7:30 Uhr am nächsten Morgen abwarten. Wenn die Sperrung weiter besteht, kann auch niemand hierher kommen und dann können wir in den Chalets natürlich noch eine Nacht bleiben. Das entwickelt sich wirklich zu einem Abenteuer-Urlaub. Wir werden mal sehen. Hauptsache, wir können mal wieder wandern gehen.