Hagen, 01. Juni 2020 (Pfingst-Montag)
Auch heute sind wir früh aufgebrochen und über eine Stunde lang nach Undeloh gefahren. Die Strecken in der Heide ziehen sich wirklich. Undeloh ist ein sehr touristischer Ort, aber eben auch einer der Ausgangspunkte für Wanderungen in das an sich autolose Naturschutzgebiet Lüneburger Heide. Im Naturschutzgebiet liegen die größten zusammenhängenden Heideflächen Mitteleuropas, was wir unbedingt erleben wollten.
Da die Wanderung heute weit war und hoch hinauf auf den Wilseder Berg gehen sollte, zog mein Mann seine Wanderstiefel an, zum ersten Mal seit langer Zeit. Das sollte noch Folgen haben.
Los ging’s, es war noch frisch und leer. Der Wanderweg nahm seine erste Kurve und – tadah: Auf dem Weg sonnte sich eine Kreuzotter! In der Lüneburger Heide gibt es drei Arten von Schlangen: Kreuzottern, Blindschleichen und Ringelnattern. Wie ich zuvor gelesen hatte, sind alle so scheu, dass die Wahrscheinlichkeit, eine zu treffen, eh gegen Null geht. Aha.
Ich wollte natürlich ein Foto haben. Beim öffnen der Kameratasche landete aber die Sonnenblende aus Versehen neben der Kreuzotter, die das alles total doof fand, sich furchtbar gestört fühlte und inzwischen laut zischte.
Ich wollte wirklich ungern mit meiner Hand die Blende wieder aufheben. Außerdem mussten wir auf unserem Weg an der Otter vorbei. Probeweise gingen wir noch einmal zurück um die Kurve, in der Hoffnung, die Schlange würde sich nun vom Weg trollen. Daran dachte sie aber überhaupt nicht. Also lenkten wir sie wechselseitig ab, um die Blende wegzukicken und dann an der Schlange vorbei zu kommen. Nach diesem Adrenalinrausch konnte es weiter gehen.
Auf dem Foto sieht sie so klein und lieb aus. Aber sie war ziemlich verärgert und zischte wirklich sehr laut. Außerdem war sie so zwischen 30 und 40 cm lang. Immerhin.
Nun ging es also endlich in die Undeloher Heide. Als erstes sagen wir einen Bienenzaun. So heißen die kleinen Gebäude, in denen zur Heideblüte die Bienenvölker aufgestellt werden. Früher wohnten sie in Lüneburger Stülpern (davon wir noch am Donnerstag mehr zu lesen sein), heute in den eckigen Bienenstöcken (Magazin-Beuten). Da die Heide erst im August blüht, ist der Bienenzaun noch unbesetzt.
Nach zwei Kilometern machten wir einen Stopp, um Sonnenschutz aufzutragen. Dabei stellte mein Mann fest, dass sich an seinem rechten Wanderstiefel die Sohle ganzflächig an der Ferse ablöste. Immerhin bliebt sie mit dem vorderen Teil noch verbunden. Wir bastelten Hilfskonstruktionen, erst mit verschiedenen Pflastern – die großen waren am besten – und dann mit der Nylon-Kordel vom Kompass, durch Profil gehakt und oben durch die Schnürsenkel geführt. Das war noch so die beste Variante.
Weiter oben in der Heide kamen wir an diesem Schafstall vorbei. In der Heide gibt es – angeblich – noch eine aktive Schäferei mit Heidschnucken. Die Schäfer ziehen mit ihren Schafen durch die Heide, die Schafe fressen alles bis auf Wacholder und erhalten so die Landschaft. Außerdem zertreten sie die Spinnweben und halten so den Weg frei für Bienen. Beim Weiden düngen sie zugleich die Heide. Nachts wurden und werden die Schafe meist in Ställe getrieben. Dies dient vordringlich dem Zweck, den guten Dünger aufzufangen und an anderer Stelle ausbringen zu können. Auch wird so die Überdüngung bestimmter Flächen verhindert. Daher findet man in der Heide immer wieder solche Gebäude. Allerdings haben wir keine einzige Heidschnuckenherde in Action gesehen – sehr zu meinem Bedauern.
Kurz vor Wilsede merkte mein Mann dann, dass sich die am linken Schuh die gesamte Sohle (!) ablöste. Er hatte sie bald in der Hand. Na prima. Das waren keine gute Voraussetzungen für eine lange Wanderung.
Da konnten uns auch die Heidschnucken auf der Weide kurz vor Wilsede kaum aufheitern. Zumal sie uns alle gepflegt den Rücken zuwandten.
Nach Wilsede gelangt man als Tourist ausschließlich zu Fuß, zu Pferd oder eben mit der Kutsche, für die es hier Linien-Haltestellen gibt. Die Bewohner von Wilsede haben aber Autos neben ihren Häusern stehen.
In Wilsede entschlossen wir uns, angesichts der Schuh-Lage die Wanderung abzukürzen und direkt nach Undeloh zurück zu gehen. Das hatte einfach keinen Sinn.
Aber erstmal gab es Lunch.
Dann ging es über die Heide zurück nach Undeloh.
In Undeloh gab es den Schuhwechsel. Da unsere Wanderung ja schneller vorbei war als geplant, hatten wir noch Zeit, zum Pietzmoor zu fahren. Das Pietzmoor in der Nähe von Schneverdingen ist das größte zusammenhängende Moor in der Lüneburger Heide. In dem Moor befindet sich übrigens das Quellgebiet der Böhme, die wir ja am Sonntag schon besucht haben. Entstanden ist das Moor vermutlich vor mehr als 10.000 Jahren.
Es gibt einen ausgeschilderten Weg um das Moor herum, teilweise auf einem Bohlensteg. Unterwegs sahen wir noch einen Salamander, Wollgras und viele Frösche.
Danach reichte es uns aber dann wirklich, und wir fuhren langsam wieder zurück zu unserem Ferienhaus.
Gewanderte Kilometer: 20,15 Kilometer.